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Grad der Berufsunfähigkeit muss umfassend berücksichtigt werden

Für die Bemessung des Grades der Berufsunfähigkeit darf nicht nur auf den Zeitanteil einer einzelnen Tätigkeit abgestellt werden, die der Versicherungsnehmer nicht mehr ausüben kann.


Geht es um Äußerungen medizinischer Sachverständiger, muss der Tatrichter diese kritisch auf ihre Vollständigkeit und Widerspruchsfreiheit prüfen und insbesondere auf die Aufklärung von Widersprüchen hinwirken, wenn sich solche innerhalb der Begutachtung eines Sachverständigen ergeben oder zwischen mehreren eingeholten Sachverständigengutachten bestehen.

Ohne einleuchtende und logisch nachvollziehbare Begründung darf einem Gutachten nicht der Vorzug gegeben werden.

In dem entschiedenen Fall ging es um die gesundheitlichen Einschränkungen einer Hauswirtschafterin. Es wurde zunächst ein schriftliches Gutachten erstellt, das bei der Klägerin ein HWS- und LWS-Syndrom feststellte und die daraus resultierenden Funktionseinschränkungen aber nur mit 20 % bewertete. Begründet wurde dies damit, dass längerfristige Arbeiten mit gebeugtem Oberkörper und ähnlichen Zwangshaltungen nicht möglich seien, diese Tätigkeiten aber nur einen geringen Zeitraum im Tätigkeitsprofil einnähmen. Bei einer mündlichen Anhörung wurde der Sachverständige dann nochmal zu den konkreten Auswirkungen auf die Tätigkeit der Klägerin befragt. Dabei hat er ausgeführt, dass Einschränkungen beim Heben schwerer Lasten von mehr als 5 bis 10 kg bestehen würden, und dass er die Höhe der Einschränkung mit 20 % zugrunde gelegt habe, da das Einkaufen im Allgemeinen weniger Zeit in Anspruch nehme als Kochen und Putzen. Das Berufungsgericht ist dieser Bewertung des Sachverständigen gefolgt ohne zu beachten, dass die Beeinträchtigung der Klägerin in der Ausübung ihres zuletzt ausgeübten Berufs nicht allein anhand der zeitlichen Anteile der von ihr isoliert nicht mehr zu bewältigenden Tätigkeiten bemessen werden kann.
 
Bundesgerichtshof, Urteil BGH IV ZR 535 15 vom 19.07.2017
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